Özdemir stimmt Schnellverfahren zu
Deutschland hat sich für eine schnelle Verabschiedung der von der EU-Kommission vorgeschlagenen Änderungen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) ausgesprochen. Allerdings kam von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir am Dienstag (26.3.) beim Agrarrat in Brüssel trotzdem Kritik an einzelnen geplanten Anpassungen. Da es ansonsten aber keinen Widerstand im zuvor tagenden Sonderausschuss Landwirtschaft (SAL) gab, vermied es der Ressortchef, als Außenseiter in der Brüsseler Runde dazustehen. Der Ball liegt nun beim Europaparlament. Sollte es auch hier keine Änderungswünsche mehr geben, wäre eine Verabschiedung bis Ende April äußerst wahrscheinlich.
Özdemir, einziger grüner Delegationschef in der Brüsseler Ministerrunde, konstatierte, dass ihm vor allem die geplante Flexibilisierung des GLÖZ 7-Standards zur Fruchtfolge missfalle. Hier sei die Kommission "auf dem falschen Weg". Man habe diesen Teil der guten landwirtschaftlichen Praxis schließlich nicht aus "Jux und Tollerei" beschlossen. Eine ausreichende Fruchtfolge sei wichtig, um die den Schädlingsdruck zu reduzieren und einen Beitrag zur Artenvielfalt zu leisten.
"Unsinnige Bürokratie" abbauen
Ansonsten sei er sehr dafür, "unsinnige Bürokratie" abzubauen, betonte Özdemir. So sprach er sich dafür aus, Ökobetriebe nicht per se auf die Einhaltung der GLÖZ-Standards zu kontrollieren. Schließlich müssten sie diese ohnehin durch regelmäßig überprüfte Ökostandards einhalten. Darüber hinaus beklagte der Minister die fehlende Folgenabschätzung der Kommission. Im Hinblick auf die kommende Agrarreform nach 2027 pochte Özdemir erneut auf mehr Geld für die öffentlichen Leistungen der Landwirte im Umwelt- und Biodiversitätsschutz. Überdies drängt er auf einen deutlich höheren Anteil des Budgets für attraktivere Öko-Regelungen.
Frankreich drängt auf einfachere GAP
Unterdessen stellte der französische Landwirtschaftsminister Marc Fesneau fest, dass die Landwirte die geplanten Vereinfachungen schnellstmöglich brauchten. Er freue sich daher über das einheitliche Echo. Fesnau setzt jetzt auf das Europaparlament und hofft, dass es die Maßnahmen ohne Änderungen bis Ende April annehmen wird. Irlands Agrarminister Charlie McConalogue unterstrich ebenfalls, dass die geplanten Flexibilisierungen der GAP-Regeln notwendig seien. Zugleich sollte den Bauern mehr Anerkennung aus der Gesellschaft zukommen, so der Ressortchef aus Dublin.
Lins erleichtert
Norbert Lins, Vorsitzender des Landwirtschaftsausschusses im Europaparlament, nahm die Zustimmung der Mitgliedstaaten zu den Anpassungen der Konditionalitätsanforderungen in der GAP mit "großer Erleichterung" zur Kenntnis. Aus Sicht des CDU-Politikers ist es entscheidend, die Praktikabilität und Nachhaltigkeit der Agrarpolitik stetig zu verbessern. Kritik übte Lins an der Rolle Deutschlands. Er bezeichnete es als enttäuschend, dass die Bundesrepublik unter der Führung Özdemirs bis zum Schluss gegen die notwendigen Anpassungen Widerstand geleistet habe.
Scharfe Kritik an dem von den Mitgliedstaaten geforderten Schnellverfahren bei den GAP-Änderungen äußerte indes der grüne Agrarsprecher im Europaparlament, Martin Häusling. Was in Brüssel als Entbürokratisierung der GAP verkauft worden sei, sei in Wahrheit ein Ablenkungsmanöver und Zugeständnis konservativer Kräfte an Krawallmacher, um die Landwirtinnen und Landwirte vor den anstehenden Europawahlen von der Straße zu bekommen. Die Aussetzung und Aufweichung von Umweltstandards bezeichnete der langjährige EU-Agrarpolitiker als "ein fatales Zeichen" in Zeiten von Klimawandel und Artensterben. Anstatt hier zukunftsweisend entgegenzuwirken, würden nun beispielsweise Brachflächen geopfert und der Grünlandschutz geschwächt, beklagte Häusling.
Kommission verfolgt falschen Kurs
Die Agrarreferentin beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Daniela Wannemacher, monierte, dass die EU-Kommission bei den GAP-Änderungen einen "falschen Kurs" verfolge. Deutschland forderte sie auf, den rückwärtsgewandten Vorschlag der Europäischen Kommission zur Aufweichung der GAP trotz der SAL-Entscheidung für ein Schnellverfahren abzulehnen. Nach Ansicht von Wannemacher stehen dies "im klaren Widerspruch" zu den Empfehlungen der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL). AgE