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Jetzt könnte es ganz schnell gehen

Das Mercosur-Abkommen scheint auf der Zielgerade. Kommissionspräsidentin von der Leyen ist auf dem Weg nach Uruguay, um bei der Unterzeichnung live…

Wird es am Freitag (6.12.) nach über einem Vierteljahrhundert Verhandlungen auf ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und den Mercosur-Staaten eine Einigung geben? Viel spricht nach aktuellem Stand dafür. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen jedenfalls soll bereits auf dem Weg nach Uruguay beziehungsweise dort schon gelandet sein. In der Hauptstadt Montevideo befinden sich die Verhandlungen zwischen beiden Seiten offenbar auf der Zielgerade.

Die Brüsseler Behördenchefin hat am Donnerstag (5.12.) auf der Kommunikationsplattform "X" erklärt: "Touchdown in Lateinamerika. Die Ziellinie des EU-Mercosur-Abkommens ist in Sicht." Weiter schreibt von der Leyen: "Wir haben die Chance, einen Markt mit 700 Mio. Menschen zu schaffen." Laut der Kommissionspräsidentin wäre dies die "größte Handels- und Investitionspartnerschaft, die die Welt je gesehen hat".

Mindestens im EU-Handelsausschuss löst die bevorstehende Einigung beinahe Jubelstürme aus. Dem Vorsitzenden des Gremiums, Bernd Lange, zufolge wäre ein erfolgreicher Abschluss ein Sieg der Vernunft über die Emotionen. Die Gesamtfolgen eines "No-Deal" würden nach Auffassung des SPD-Politikers die Unzulänglichkeiten eines unvollkommenen Abkommens wahrscheinlich bei Weitem überwiegen.

Der ständige Berichterstatter für den Mercosur, Gabriel Mato, sieht in der potenziellen Einigung ein klares Signal. Gemäß dem spanischen EVP-Politiker würden damit Partnerschaften mit demokratischen Verbündeten Priorität eingeräumt und der Weg für ein stärkeres, widerstandsfähigeres Europa auf der globalen Bühne der Weg geebnet.

Anna Cavazzini, handelspolitische Sprecherin der Fraktion der Grünen/EFA, hält die im Raum stehende Übereinkunft hingegen „für einen großen Fehler. Sie warnt davor, das EU-Mercosur-Abkommen gegen den Widerstand zahlreicher Mitgliedstaaten durchsetzen zu wollen. Cavazzini befürchtet, dass dies die Instabilität und die Europaskepsis in Ländern wie Frankreich und Polen befeuern könnte. "Gerade jetzt braucht es europäische Einigkeit statt Spaltung."

Verhandlungen seit über 25 Jahren

Die EU und die Mercosur-Länder, wozu neben Uruguay bekanntlich auch Argentinien, Brasilien und Paraguay zählen, verhandeln bereits seit 1999 über ein Freihandelsabkommen. Im Jahr 2019 einigten sich die EU-Kommission und die Südamerikaner auf eine Handelsübereinkunft. Seitdem wird vor allem auf Druck der EU noch um die Gewährleistung der Nachhaltigkeitsstandards beim Klima- und Umweltschutz sowie bei der Lebensmittelsicherheit gerungen.

Gemäß dem 2019 ausgehandelten Abkommen soll den Mercosur-Staaten unter anderem schrittweise über fünf Jahre eine Freihandelsquote für Geflügelfleisch von 180.000 Tonnen und ein zollfreies Lieferkontingent von 180.000 Tonnen Zucker jährlich zugestanden werden. Daneben soll es für sie ein zollfreies Jahreseinfuhrkontingent von 45.000 Tonnen Honig geben.

Zudem wird - ebenfalls schrittweise über fünf Jahre - ein Importkontingent von 99.000 Tonnen Rindfleisch zu einem Zollsatz von 7,5% eingerichtet. Ferner sieht die Übereinkunft für garantiert hormonfreies Schweinefleisch eine Quote von 25.000 Tonnen zu einem Einfuhrzoll von 83 Euro/t vor. Im Gegenzug haben die vier südamerikanischen Länder einer Öffnung ihres Schweinefleischmarktes für EU-Ware zugestimmt.

Schwächer fallen die Zugeständnisse der EU für Milchprodukte aus. An Käse sollen die Mercosur-Staaten 30.000 Tonnen, an Magermilchpulver 10.000 Tonnen liefern dürfen. Die Zollsätze von derzeit 12% bis 28 % würden binnen neun Jahren abgebaut. Mit dem Start des Abkommens sollen zudem die Einfuhrabgaben für Butter um 30% und die für Joghurts um 50% gesenkt werden.

Für Ethanol aus dem Mercosur-Block ist ein Jahreszollkontingent von 650.000 Tonnen vorgesehen. 450.000 Tonnen davon sollen zollfrei von der EU-Chemieindustrie bezogen werden können. Für die verbleibende Menge von 200.000 Tonnen, für die keine Zweckbindung gelten soll, ist bezogen auf ein Hektoliter ein Zollsatz von 6,40 Euro für undenaturiertes und 3,40 Euro für denaturiertes Ethanol vorgesehen.

Das Abkommen beinhaltet insgesamt einen schrittweisen Wegfall von 91% aller Zölle auf Produkte, welche die EU in die Mercosur-Staaten exportiert. In die andere Richtung fallen 92% aller Zölle auf Güter. Der vollständige Abbau der jeweiligen Importzölle findet spätestens nach neun Jahren statt. AgE